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Was ist Moor?

    Stora Tingsvallmossen

    Moore waren jahrhundertelang ein gruseliger und unfruchtbarer Lebensraum, welcher ca. 10 Prozent der Fläche Niedersachsens ausmachte. Sie sind nach dem Ende der letzten Eiszeit vor rund 6.000 bis 10.000 Jahren entstanden.

    Stora Tingsvallmossen
    Stora Tingsvallmossen

    Moore gibt es schon seit mindestens 400 Millionen Jahren, in Europa hat jedoch die letzte Eiszeit die Moorverteilung bestimmt (und alte Moore einfach überformt). Aufgrund geologischer Umstände sind in Nordeuropa Moore i.d.R. direkt auf dem Mineralboden (Fels, Ortsstein, wasserundurchlässige Schichten) gegründet, während in Süddeutschland sich Hochmoore aus verlandeten Seen entwickelt haben. Eine lesenswerte Grafik zur Moorentwicklung in Nordwestdeutschland – hier bei Wikipedia.

    Man unterscheidet allgemein zwischen drei Moortypen, dem grundwasserunabhängigen Hochmoor (um das es mir geht), dem Übergangsmoor (Mischform zwischen Hoch- und Niedermoor in Verlandszonen von Seen) und Niedermooren. Letztere befinden sich, als Sumpf, in feuchten Gebieten wie Bachläufen und bilden auch Torf, aber sie haben im Gegensatz zu Hochmooren Kontakt zum nährstoffreichen Grundwasser. An Hängen können sich Quell- und Durchströmungsmoore bilden, aber letztlich lassen sich Moore auf Hoch- und Niedermoor zurückführen.

    Sonnentau und Torfmoos
    Sonnentau und Torfmoos

    Moor (oder Moos im Süddeutschen) ist ein vielfältiger Begriff. Man unterscheidet drei Definitionen:

    • GEOGRAFISCH ist es ein Begriff für eine Landschaftsform wie Berg, See oder Wüste,
    • VEGETATIONSKUNDLICH gilt Moor als Ort torfbildender Pflanzen auf den von ihnen gebildeten Torf
    • GEOLOGISCH spricht man von Moor, sobald eine 30 cm starke Torfdecke vorhanden ist (gleich ob es noch intakte Moorvegetation gibt).

    Hochmoore sind in Schichten aufgebaut: ihr eigenes Gewicht drückt es in den unteren Bereichen immer stärker zusammen, es entsteht dort der sogenannte Schwarztorf. Weißtorf nennt man die nicht so stark zersetzten Pflanzenteile in den oberen Schichten. Torf vergammelt nicht, denn er ist immer feucht und wird durch den Luftabschluß konserviert. So wächst ein Moor also immer weiter in die Höhe – bis zu 10 Meter hoch innerhalb vieler Jahrtausende!

    Flora und Fauna

    Hochmoore, wie das Pietzmoor bei Schneverdingen oder unser Moor in Wintermoor, werden ausschließlich vom Niederschlagswasser (Regen und Schnee) gespeist, es muß also mehr rein regnen als daraus verdunstet. Sie sind durch eine Trennschicht vom Grundwasser abgeschnitten und enthalten kaum Nährstoffe. Dort lebende Pflanzen- und Tierarten können auch nur dort leben und finden keine Ausweichsorte.Der Säuretest zeigt ph4: stark sauer

    Der Säuretest zeigt ph4 stark sauer
    Der Säuretest zeigt ph4: stark sauer

    Das torfbildene, wurzellose Torfmoos (Sphagnum) wirkt wie ein Schwamm und wächst schnell nach oben und stirbt dabei nach unten ab. Torfmoose schaffen sich durch einen chemischen Trick eine saure Umgebung. Sie können diese Säure selbst gut ertragen, aber konkurrierende Pflanzen verpilzen. Regenmoore verfügen über einen pH-Wert von 2 bis 4, wie eine starke Säure.

    Die Nährstoffknappheit hat so manche Pflanze erfinderisch gemacht: der Sonnentau fängt mit seinen klebrigen Blättern Insekten und deckt so seinen Nährstoffbedarf. Die meisten Moorpflanzen sind immergrün – so können sie in der kargen Umgebung das ganze Jahr über wachsen. Durch den hohen Wassergehalt erwärmen Moore sich im Frühjahr nicht so schnell wie die Umgebung, sie sind “kalt”.

    Die Entkusselungsmaßnahmen schützen die Moorvegetation aus verschiedenen Torfmoosen (Sphagnum), Wollgräsern (Cyperaceae), fleischfressenden Sonnentau (Drosera), Gagelstrauch (Myrica gale), Moosbeere (Vaccinium oxycoccus), Glockenheide (Erica tetralix) und Krähenbeere (Empetrum). Langfristig soll die Verbreitung vom Pfeifengras (Molinia) und die Verwaldung verhindert werden.

    Junger Moorfrosch
    Junger Moorfrosch

    Auch Tiere werden geschützt: Das Moor ist Rückzugsort für viele wilde Tiere. Libellen wie die Hochmoor-Mosaikjungfer finden in den feuchten Schlenken (nötig zur Eiablage) einen seltenen Lebensraum. Sogar Moorfrösche (Rana arvalis) gibt es: diese färben sich zur Laichzeit spektakulär blau.


    Moornutzung

    Brenntorf wurde schon vor Tausenden von Jahren gestochen. Seit dem 19. Jahrhundert wurde versucht, Moore großflächig zu nutzen – nicht nur als Lieferant für Brennstoff und Blumenerde, sondern vor allem als Nutz- und Bauland. Kolonisten in Preußen bekamen Moorparzellen zugesprochen, welche im Gegenzug urbar gemacht werden mussten. Das war über drei Generationen so mühsam, daß es eine Redensart prägte:

    Den Ersten sien Dod, den Tweeten sien Not, den Dritten sien Brot.

    Es haben sich im Laufe der Zeit (mit wissenschaftlicher Herangehensweise und politischer Unterstützung) folgende Techniken zur Urbarmachung von Mooren gebildet:

    1. Niedermoor-Schwarzkultur meint im wesentlichen die Urbarmachung feuchter und nährstoffreicher Flußläufe.

    2. Holländische Fehnkultur mit einer Umschichtung des Bodens und Vermengung mit Sand.

    3. Moorbrandkultur nach vorheriger, oberflächiger Entwässerung. Auf der abgebrandten Fläche konnte maximal 8 Jahre lang Ackerbau (mit Buchweizen) betrieben werden, dann lag die Fläche für 30 Jahre brach. Die Rauchentwicklung beim Abbrennen störte sogar in den umliegenden Städten, so daß man sich in eigens eingerichteten Instituten bessere Nutzungsformen überlegte.

    4. Sanddeck-Kultur der Niedermoore

    5. Die deutsche Hochmoorkultur brachte i.d.R. nur Grünland hervor.

    6. Die Sandmischkultur durch Tiefpflügen kann Moorkörper und deren moorbildenden Untergrund komplett zerstören und wurde erst durch den Einsatz von starken Maschinen möglich. Sie kehrt das Moor quasi Kopf-über.

    Die Urbarmachung mit Entwässerungsgräben und Tiefpflügen trocknete die Moore auch abseits der genutzten Stellen aus, weshalb sich Gräser, Heide und Bäume vom Rande her ansiedeln konnten. Das war ausdrücklich gewollt, brauchte man doch Acker- oder Weideland. Der starke Einsatz von Kalk half ferner gegen die Säure im Boden und ermöglichte erst, daß Nutzpflanzen gedeihen konnten. Auch heute wird in Deutschland (und in anderen Teilen der Welt) Torf abgebaut. Mittlerweile nicht mehr zum Brennen, aber als Substrat im Gartenbau.

    Renaturierungsmaßnahmen können nur mühsam die Urzustände wieder herstellen, so daß es immer sinnvoll ist, bestehende Flächen zu schützen. Der selten gewordene Naturraum “Moor” läßt sich zusätzlich als Tourismusziel nutzen.


    Wie geht Moorschutz? Entkusseln, wiedervernässen und so weiter…

    Stimmt der Wasserhaushalt des Moores? Jede Naturschutzmaßnahme in Mooren muß zuerst eine eventuell vorhandene Entwässerung stoppen und den Wasserhaushalt normalisieren. Das bedeutet auch, daß Entwässerungsgraben geschlossen werden müssen. Unser Feuchtgebiet hatte bislang Glück, denn hier findet keine Drainage oder Entwässerung statt.

    Moore sind offene Landschaften mit Wuchshöhen maximal bis zum Knie: Bäume und Büsche gehören hier nicht hin. Das Auslichten der angrenzenden Waldflächen stellt einen behutsamen Übergang zum offenen Moorfläche sicher. Bäume nehmen den sonnenliebenden Moorpflanzen das Licht und entziehen (durch Verdunstung) Wasser. Sie müssen entfernt werden, man nennt das “Entkusseln“. „Plaggen“ hingegen ist das mühsame Entfernen der ersten Pflanzenschicht, was wir zum Entfernen des Pfeifengrases gemacht haben. Zusatzinfo: Früher wurde die Heide geplaggt, damit man die Pflanzenteile als Einstreu im Stall nutzen konnte (Heu gab es nicht).

    Plaggen im Moor
    Plaggen im Moor

    Nährstoffe aus der Umgebung (Ackerflächen) düngen im Moor Gräser und Brombeere. Die an Nährstoffarmut angepasste Moorpflanzen können diese Nahrung gar nicht so schnell umsetzen und werden dann überwuchert. Die Schnittabfälle vom Entkusseln wirken ebenfalls als Dünger, weswegen wir diese aus dem Moor heraustragen.


    Artenvielfalt und Naturschutz

    Das Hochmoor ist ein gutes Beispiel, warum Artenvielfalt nicht gleich Naturschutz ist:

    Ein karger Lebensraum mit wenigen Pflanzen- und Tierarten kann durch die Zerstörung (Entwässerung) immer artenreicher werden, weil dort noch einige Arten aus dem Hochmoor bleiben und schon viele andere Arten aus anderen Naturräumen hinzukommen. Schreitet die Degenerierung des Moors voran, so verschwinden die Hochmoor-Arten ersatzlos, denn sie können nirgendwo sonst wachsen – sie sterben aus.

    Moore sind heute selten geworden – und wie alles Seltene steigt ihr Wert. Das niedersächische und das Bundesnaturschutzgesetz stellt grundsätzlich alle Feuchtgebiete unter Schutz und untersagt deren Zerstörung. Das gilt unabhängig von einer Ausweisung als Schutzgebiet (s. NNatG).

    Klimaschutz

    Klimawandel ist ein aktuelles Thema geworden. Moore werden mittlerweile auch unter Klimaschutz-Aspekten betrachtet: Die dicken Torfschichten in entwässerten Mooren verrotten, sobald sie Kontakt mit der Luft bekommen. Klimagase wie Kohlenstoffdioxid und Methan entstehen als Folge. Der hohe Wasserstand verhinderte das vorher.

    Neuere Forschungsergebnisse zeigen, daß die Wiedervernässung von Mooren zur Vermeidung von Klimagasentstehung sinnvoll ist. Das mag in Deutschland nur noch kleine Flächen betreffen, aber wenn man weltweit die Moore in den Tropen oder in Sibirien berücksichtigt, dann kommt man schnell auf sehr große Landmassen.