Zum Inhalt springen

Mord am Adlergestell – Arthur Herrmann

    alter Gedenkstein Adlergestell

    Berlin-Grünau, Adlergestell:

    38,50 Meter entfernt von Kilometerstein 16,5, zwischen Jagen 60 und Jagen 61, 15,60 Meter im Waldesinnern (Angaben aus dem Tatortplan)

    Alter Gedenkstein für Arthur Herrmann
    Alter Gedenkstein für Arthur Herrmann

    Polizei-Oberwachtmeister
    Arthur Herrmann
    erschossen am 24.3.1937
    in Ausübung seines Dienstes


    Auf Wiedersehen
    der Oberbürgermeister Berlin

    Denkmal

    Ein großer Findling steht als Denkmal im Wald. Anfang/Mitte der 1970er Jahre verschwand er.

    alter Gedenkstein Adlergestell 1959 (Foto: Kössler)
    Alter Gedenkstein Adlergestell 1959 (Foto: Kössler)

    Später wurde der neue, heute noch bestehende, Gedenkstein errichtet. Im Laufe der Zeit verlor dieses kleinere Denkmal die aufgesetzten Metallbuchstaben. Heute, im Jahr 2020, kann man dort nichts mehr erkennen.

    Neuer Gedenkstein am Adlergestell
    „Neuer“ Gedenkstein am Adlergestell

    Im Jahr 2019 spendete die Firma HelloFresh eine kleine Hecke als Randbepflanzung und pflegte die Anlage am Waldrand.

    Gedenkstätte am Adlergestell - von der Straße aus gesehen
    Gedenkstätte am Adlergestell – von der Straße aus gesehen

    Arthur Herrmann

    Herr Herrmann wurde 1903 geboren und wohnte mit seiner Ehefrau und einem Kleinkind in der Wohlauer Straße in Berlin-Bohnsdorf. Er war tatkräftig und beliebt. Beruflich entschied er sich für die Schutzpolizei. Nach zwölf Jahren Dienst stand er kurz vor seiner Rückkehr ins Zivilleben.

    Der Polizistenmord

    Der vierunddreißigjährige Oberwachtmeister Arthur Herrmann vom Polizeirevier 243 befand sich am Abend des 24. März 1937 auf Fahrradstreife in der Grünauer Forst. Auf der Landstraße Adlergestell, drei Kilometer hinter dem Bahnhof Grünau in Richtung Schmöckwitz, bemerkte er gegen 20:15 Uhr etwas Ungewöhnliches: die Spur seines Fahrrades zeigte, dass er die Richtung wechselte.

    Gegen 22:40 Uhr ging dann ein Anruf in Grünauer Polizeirevier ein: Gerhard Rotsch meldete einen Toten im Wald. Aufmerksam wurde er durch die brennende Karbidlampe vom Dienstfahrrad, welche in der dunklen Märznacht vom Auto aus zu erkennen war. Er fand die Leiche auf dem Rücken liegend.

    Die Kommissare Dunker und Elger übernahmen anfangs die Ermittlungen und ließen die Spurensicherung durchführen. Schon am Folgetag übernahm der bekannte Kriminalist Ernst Gennat. Die Ermittlungen ergaben, daß Herrmann einen Fußgänger mit Geldtasche angehalten hatte und dabei durch einen Schuß in die linke Brusthälfte so schwer verletzt worden war, dass er starb. Er konnte den flüchtenden Täter jedoch noch etwa 30 Meter in den Wald hinein verfolgen und einen Schuss aus seiner Dienstwaffe abgegeben. Seine Dienstpistole Typ 08 hatte jedoch eine Hemmung, weshalb kein weiterer Schuss abgegeben wurde.

    Die Kugel, die Herrmann tödlich verletzte, war jedoch auffällig geformt. Es gab eine Übereinstimmung mit der Munition, die bei einem Überfall auf einen BVG-Bus in Müggelheim verwendet wurde. Auch später wurde diese Munition noch einmal gefunden…

    Die Gebrüder Götze

    Die Gebrüder Götze Max (*1891) und Walter (*1902) begingen Ihre Verbrechen (2 Morde und mehr als 150 Raubüberfälle, teilweise mit schweren Körperverletzungen) zwischen November 1934 und Januar 1938.

    Sie überfielen Liebespaare, die auf einsamen Waldwegen des Grunewalds in parkenden Autos eine romantische Zeit verbringen wollten. Autofallen stellten sie vorwiegend im Südosten Berlins: sie legten Balken über die Straßen oder spannten ein Drahtseil. Später fällten sie kurzerhand Bäume, um die Straße zu blockierten. Die vor dem Hindernis anhaltenden Autofahrer wurden ausgeraubt. Überfälle auf Feinkostlieferanten, S-Bahnschalter sowie Tankstellen kamen dazu. In der Wuhlheide verübten sie außerdem Handtaschenraub.

    Walter und Max Götze, die Autobanditen von Groß-Berlin
    Walter und Max Götze, die Autobanditen von Groß-Berlin

    Die Kriminalpolizei ging damals von zwei verschiedenen Tätergruppen aus: eine im Westen (Liebespaare überfallen) und eine im Südosten (Autofallen). Es wurden folglich zwei Sonderkommissionen eingerichtet.

    Der Maurer Bruno Lis wurde am 29.03.1937 an einer Sitzbankgruppe am Hundekehle-See in Grunewald erschossen. Er und seine Freundin wurden überfallen, er wehrte sich jedoch. Eine Öffentlichkeitsfahndung wurde vom Propagandaministerium untersagt, damit das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung hoch blieb. Der Polizei fehlte daher ein effektives Mittel zur Tätersuche.

    Walter Götze benutzte bei den beiden Morden die selbe Waffe. Als die Polizei die Geschosse von den beiden Tatorten abglich, wurde klar, dass die Grunewaldräuber und die Autofallenräuber im Südosten die gleichen Täter waren.

    Gerichtsverfahren

    Die Fahndungsplakate zum Polizistenmord blieben erfolglos, der Mord an Bruno Lis wurde verschwiegen. So war es ein Zufall, der bei der Aufklärung des Falls half: Erst am 5.3.1938 führte ein Tipp einer Wirtin aus Schöneweide dann zur Verhaftung der Verbrecher. Die Belohnung i.H.v. 3.000 Mark war ungewöhnlich hoch.

    Walter Götze gestand seine Verbrechen und belastet damit seinen Bruder. Das Gerichtsverfahren gegen die beiden Brüder wurde am 13. Juni 1938 eröffnet: 157 Räube, 16 schwere Körperverletzungen und 2 Morde wurden ihnen zur Last gelegt. Elf Tage später stand das Urteil: Todesstrafe für Beide. Am 30. Juni 1938 wurden sie in Plötzensee hingerichtet.

    Der zuständige Staatsanwalt hatte jedoch Sorge, ob auch Max Götze zu Tode verurteilt werden konnte. Er wandt sich daher an das Reichsjustizministerium, daß im Eilverfahren am 22. Juni 1938 ein Gesetz gegen Straßenraub mittels Autofallen (Reichsautofallengesetz) geschaffen hatte. Es wurde rückwirkend in Kraft gesetzt, damit auch Max Götze ganz sicher der Höchststrafe zugeführt werden konnte. Dieses „Lex Götze“ war also nicht rechtsstaatlich verabschiedet worden, besteht aber noch heute in abgewandelter Form als § 316a im StGB.


    Adlergestell in Richtung Schmöckwitz
    Adlergestell in Richtung Schmöckwitz

    Max Götze wohnte in Berlin-Adlershof in der Arrasstraße 110, heute Florian Geyer-Straße 110. Der Doppelmörder Walter Götze wohnte in Berlin-Oberschöneweide zur Untermiete in der Marienstraße 1. Beiden war trotz erfolgreicher Raubzüge ein Aufstieg aus der Prekarität nicht anzumerken.

    Die Straße Adlergestell von Grünau in Richtung Schmöckwitz heute: Schon im Jahre 1937 gab es am Waldrand Radwege.


    Die Verfilmung

    Der Kriminalfilm „Im Namen des Volkes“ wurde 1938 produziert und erschien im Januar 1939. Das Drehbuch schrieb Erich Engels (auch Regie) zusammen mit Walter Maisch. Der Film greift die Taten der Gebrüder Götze auf, verändert aber Orte und Personen. Es war ein Propagandafilm, der sich auf das neue Gesetz zur Todesstrafe für „Straßenraub mittels so genannter Autofallen“ bezog.

    Der Film wurde nach 1945 unter dem Titel „Autobanditen“ erneut herausgebracht.

    Quellen

    http://www.blofelds-krimiwelt.de/Wahre-Verbrechen/Gebruder-Gotze/gebruder-gotze.html und https://de.wikipedia.org/wiki/Gebr%C3%BCder_G%C3%B6tze , Hinweise von Wolfgang Stadthaus und das Bild von 1959 mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kössler. Dr. Braun verfasste den Artikel „Polizistenmord in Grünau“, welcher „Der Grünauer“ im August 2020 veröffentlichte.