Der Zuk ist ein polnischer Lieferwagen / Kleintransporter und wurde in zahlreichen Varianten und Aufbauten vom Hersteller FSC Lublin angeboten. Viele Autos dieser Zeit sind heute als Oldtimer beliebt – der Żuk berechtigterweise nicht. Die Fertigung in der Volksrepublik Polen war qualitativ minderwertig und der Stahl (aufgrund des hohen Kohlenstoffgehalts) sehr rostanfällig.
Der Żuk wurde in der am 7. November 1951 eröffneten Fabryka Samochodów Ciężarowych (FSC) im polnischen Lublin hergestellt. Dort wurde anfangs der Pritschenlastwagen Lublin-51 als Lizenznachbau vom sowjetischen GAZ-51 sowie verschiedene Motoren hergestellt. Ab dem 24. Juni 1959 bis zum 13. Februar 1998 wurden insgesamt 587.000 Fahrzeuge dieses Typs nahezu unverändert gebaut. Änderungen sind in diesem Forum dargestellt. Die Modernisierung (Facelift) 1973 der Frontpartie vom “Smutek” mit rundlicher Front und akzentiertem Kühlergrill zur modernen Form mit klarer Frontlinie war neben der neuen Motorisierung der deutlichste Wandel. Damit verbunden war seinerzeit der Wechsel vom 3 auf ein 4 Gang-Getriebe.
Das Modell schloss eine durch die zunehmende Motorisierung entstandene Lücke im Kraftverkehr: ein leichter und wendiger Lieferwagen mit großer Zuladung von bis zu 1050kg für den Lieferverkehr in Städten, aber unter 3,5 Tonnen Gesamtgewicht.
Die maßgeblich beteiligten Ingenieure Stanisław Tański und Aloysia Skwarek legten Wert darauf, dass alle Teile selbst gefertigt wurden und nicht importiert werden mussten. So entstanden viele Zulieferbetrieben in der Region, u.a. auch das Motorenwerk in Andrychów (bekannt durch den Dieselmotor 4C90 „Andoria“). Ab 1973 wurden zusätzlich landwirtschaftliche Fahrzeuge im FSC Lublin produziert. Die Zweigniederlassung in Węgrów fertigte ab 1976 weitere Żuks, hauptsächlich das Doppelkabinen-Modell A-16B für die Landwirtschaft. In Ägypten stelle die ELTRAMCO ab 1970 den Zuk-Kleinbus in Lizenz als Ramses 12A her. Der Zuk wurde in 31 Länder exportiert, darunter sind die Sowjetunion, Bulgarien, Ungarn, Jugoslawien, Tschechoslowakei, DDR, Schweden, Dänemark, Finnland, Belgien und Griechenland erwähnenswert.
Die Höchstgeschwindigkeit beträgt etwa 100 km/h, die Reisegeschwindigkeit eher gute 75 bis 80 km/h. Anfangs brachte ein Drei-Gang-Getriebe die Motorkraft an die angetriebenen Hinterräder, später wurde ein Vier-Gang-Getriebe verbaut und half bei der Verbrauchssenkung.
Der Leiterrahmen (Eigengewicht von 130 kg) bildet die Basis dieses Autos. Die starre Hinterachse besitzt eine Blattfederung. Das Fahrerhaus ist immer gleich aufgebaut: wesentliche Unterschiede gibt es bei dem hinteren Aufbau. Der Fußboden hinten besteht beim Kastenwagen und Bus aus Holz.
Die letzten Fahrzeuge haben die Reifendimensionen 6.50 R16 sowie Trommelbremsen vorn und hinten. Der Tankinhalt beträgt 55 Liter. Seit Anfang der Neunziger Jahre gibt es Halogen-Scheinwerfer (H4), ältere Fahrzeuge haben Scheinwerfer des Typs 0252 verbaut. Die hintere Beleuchtung unterscheidet sich je nach Aufbau: der Kastenwagen „furgon“ bzw. „blaszak“ besitzt runde Rückleuchten, die Pickup-Variante „skrzynia“ rechteckige Leuchten.
Ein Fahrzeug, viele Varianten
Der Żuk wurde als Lastkraftwagen, zur Personenbeförderung und als Einsatzwagen von Feuerwehr, Polizei und Miliz eingesetzt. Unzählige Aufbauvarianten belegen die Vielfältigkeit des Fahrzeugs. Innerhalb der Typen gab es ferner Unterscheidungen zwischen Ausstattungsvarianten und Motorisierung, die mit nachgestellten Buchstaben benannte wurden (B, C, D, F, G, H und I: diese Kennung steht bei der Typnummer unter der Motorhaube und am Typenschild am Fahrersitz).
Die am häufigsten hergestellten Varianten waren:
- A-03 als Pick-Up ab 1958 (mit den Maßen L4310xB1765xH2140 mm) bzw. ab 1967/73 der Nachfolger A-13 (s. unten).
- A-11 (mit Motor S21): ein Pritschenwagen mit Holzaufbau und einer seinerzeit beachtlichen Zuladung von 950kg. Er wurde gerne in Landwirtschaft und von Kleinbetrieben genutzt. Später gab es teilweise sogar Aluminiumaufbauten der Ladefläche. Der A-11 wurde auch exportiert. Eine Abart ohne Pritsche, nur mit Rahmen, war der A-1136.
- A-05 als „blaszak“ genannter geschlossener Lieferwagen (also ohne Fenster hinten) und mit nur zwei Sitzplätzen vorne. Die Zuladung betrug 850kg und die Produktion begann 1965. Dieser Typ wurde auch exportiert.
- A-07 als flexibel nutzbares Kombifahrzeug für Lastentransport (bei hochgeklappten seitlichen Sitzbänken, je nach Zulassung bis max. 950kg) oder für die Personenbeförderung (je nach Zulassung zwischen 5-7 Personen bei Sitzbänken in Fahrrichtung oder 7-9 Personen mit hochklappbaren Sitzbänken quer zur Fahrrichtung und gleichzeitiger Zuladung von 350kg). Maße des im Jahr 1970 eingeführeten Typs: L4400xB1875xH2220 mm. Żuk A-07 Der A-071 wurde als eine besser ausgestattete „LUX“-Version mit u.a. Dachhimmel vertrieben, während der A-072 einen Dachgepäckträger und ein abgetrenntes Gepäckteil hat. Dieser Typ wurde ebenfalls exportiert. Der A-073 wurde als Rettungs- und Einsatzfahrzeug (teilweise mit Dachgepäckträger) für die Sicherheitsbehörden ausgeliefert.
- A-16 wurde als Doppelkabiner im Jahr 1977 eingeführt und konnte trotz zusätzlicher 3 Sitzplätze hinter dem eigentlichen Fahrerhaus auf der offenen Ladefläche noch bis zu 350kg zuladen.
Spezieller und daher seltener waren diese Varianten:
- A-06 als Sonderform des A-07: für 5-7 Personen zugelassen und mit einem separiertem, baulich abgetrennten Gepäckabteil hinten. Häufig benutzt von der polnischen Armee, aber auch von verbündeten Mächten wie der NVA. Der A-061 wurde mit Dachgepäckträger geliefert, während der A-062 als Geldtransporter mit zusätzlicher Dachluke, Spiegeln und Fenstern geliefert wurde. Ähnlich der A-063.
- A-03 PTHW Pieczywo mit Motor M20 (1964) bzw. Modell A-08 PTHW Pieczywo mit Motor S21 als Sonderform des Kofferaufbaus für den Transport von Backwaren. Ähnlich der A-03 PTHW Odzież für den Transport von Kleidung (ab 1965).
- A-13 Pickup, ähnlich wie der A-11, aber ohne Pritsche. Stattdessen ist die Ladefläche mit Karosserie umgeben.
- A-14 Feuerwehrfahrzeug für den Export ab 1966, geeignet zum Materialtransport (Schläuche und Pumpen)
- A-15 Feuerwehrfahrzeug ab 1968 für den inländischen Gebrauch und dessen Sonderform A-151 mit einer vorne montierten Motorpumpe und großem Wassertank innen. Der A-1507 war ein abgewandelter A-07 und wurde als Mannschaftstransporter für die Feuerwehr eingesetzt.
- A-17 als Kofferfahrzeug, also mit eigenständigen Aufbau ohne Fenster (A-171, 172, 173) bzw. mit Fenster (A-1704 und A-1705) oder mit einer zusätzlichen seitlichen Tür (A-174). Der A-176 mit der Bezeichnung „frigo“ besitzt einen Kühlkoffer.
- A-18 namens „mikrobus“ ist ein 1972 eingeführter zehnsitziger Kleinbus als Sonderform des A-07, mit einer zusätzlichen Fenster- und Sitzreihe und daraus resultierend geringerem Kofferraumvolumen. Ein Krankentransportwagen für sitzenden und liegenden Transport von Patienten wurde auf dessen Basis unter der Bezeichnung A-1805 hergestellt.
Die Varianten A-03, A-05 und A-09 als frühe „smutek“ wurden nur bis längstens zum Facelift 1973 produziert. Die frühen Varianten mit dem Motor M20 hatten ein Drei-Gang-Getriebe, die Motorisierung mit S21 (anfangs noch mit 3 Gängen) und 4C90 kamen mit einem Vier-Gang-Getriebe. Der Motortyp CB erhielt teilweise sogar das moderne Fünf-Gang-Getriebe vom Polonez. Die Motoren M20 und S21 lassen sich mit einer vorne in die Stoßstange eingesteckter Kurbel starten.
Eine Weiterentwicklung aus der Baureihe war der 1995 vorgestellte Schienenbus (als Straßenbahnersatz) Mitor für 14 Passagiere, der jedoch nie in Serie ging. Die Firma FS Lublin stellte ferner Anhänger her, die unter der Bezeichung D-25 vertrieben wurden: Viele Żuks besaßen eine Anhängerkupplung.
Die jeweilige Typenbezeichung befindet sich codiert unter der Fronthaube links über dem Scheinwerfer: die ersten beiden Ziffern geben den Typ an, die Buchstaben kennzeichnen die Motorvariante. Das eigentliche Typenschild befindet sich seitlich unten am Fahrersitz und enthält Angaben zur Zuladung und das Baujahr.
Motoren
Im FSC Żuk und vielen anderen Fahrzeugen aus der Volksrepublik Polen (PRL) kamen diese vier Motoren zum Einsatz:
- M20, ein 2,1-Liter-Benziner, der ursprünglich auf einer Lizenz von Ford an die Sowjetunion aus dem Jahre 1935 beruht. Dieser Vierzylinder mit 50 PS (37kW) wurde bis in die 70er Jahre in vielen polnischen Autos eingebaut. (Variante C)
- S-21, ein 2,1-Liter-Benziner der gleichwohl auf dem M20 beruht und aus diesem ab 1962 weiterentwickelt und ab 1966 in Serie verwendet wurde. Dieser Motor mit 52 PS wurde bis zum April 1993 produziert und fand Verwendung in vielen polnischen Kraftfahrzeugen, nicht nur im Żuk. Vergaser am Motor S21 Er benötigt eine Batterie mit mindestens 60 Ah und 12 V und Zündkerzen Typ F75 mit M14-Gewinde. (Varianten B und H)
- 4C90, ein Dieselmotor aus dem Motorenwerk Andoria in Andrychów mit 70 PS und 2417 Kubikzentimeter. Er wurde in den 60er Jahren entwickelt und erlangte in den 70er Jahren Serienreife. Er war beliebt aufgrund seiner Sparsamkeit und Langlebigkeit. Mit moderner Abgasrückführung kann diese Motor heute u.U. auf die Abgasnorm EURO-3 gebracht werden. Der 4C90 benötigt eine Batterie mit mindestens 45 Ah und 12 V. (Varianten D und I)
- CB (PN 1600), ein Motor mit 64 PS und 1598 Kubikzentimeter Hubraum aus dem PKW Polonez. Er wurde verbaut seit dem 01.07.1992 und dann mit einem Fünf-Gang-Getriebe kombiniert. (Varianten F und G)
Żuk in Deutschland
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) führt Schlüsselnummern für den Żuk, denn in der DDR fuhren auch nach der Wende noch einige der in den Siebzigern und Achtzigern eingeführten Wagen. Sogar das Magazin KFT berichtete über das FSC-Modell. In der DDR wurde in den Papieren (und somit für die Fahrenden) ein Tempolimit von 80km/h angeordnet – aus Umweltschutzgründen. Klar, der Verbrauch ist hoch, aber ehrlich gesagt fahre ich mit dem Fahrzeug auch nicht schnellar als 75.
Folgende Ausführungen mit jeweils 2500 kg zulässiger Gesamtmasse/-gewicht und dem Benzinmotor S21 mit 2120cm2 Hubraum sind in Deutschland erfasst:
- als Personenwagen (Klasse M1, 31) den A-07 unter Herstellernummer 9208 und Typnummer (TSN) 002, eingetragen am 01.04.1976, mit maximal 7 Sitzplätzen
- als Lastfahrzeug den A-06 B unter Herstellernummer 9208 und Typnummer (TSN) 001, eingetragen am 01.12.1974, mit maximal 2 Sitzplätzen
- als Lastfahrzeug den A-11 B unter Herstellernummer 9208 und Typnummer (TSN) 003, eingetragen am 01.06.1976, mit 2 Sitzplätzen
- als Lastfahrzeug die Reihe A-06/07/11B-KO unter Herstellernummer 9208 und Typnummer (TSN) 004, eingetragen am 01.04.1983, mit ebenfalls 2 Sitzplätzen
Am Stichtag 1. Januar 2015 sind nur drei Żuks in Deutschland zugelassen: ein A-06 (TSN 001) und zwei vom Typ A-11 (TSN 003) (Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt, Flensburg, 2015).
Grundsätzlich hat der FSC Żuk nur vorne Sicherheitsgurte (Drei-Punkt-Gurt). Spätere Ausführungen mit Sitzbänken in Fahrtrichtung hinten besassen Gurte. Interessante Regelung: Kombifahrzeuge für Last- und Personentransport mit einer Erstzulassung vor 1992 sind von einer Gurtpflicht hinten ausgenommen.
Wie ging es weiter?
Das Unternehmen FSC Lublin baute nach dem Żuk von 1993 bis 2004 eine Lizenzausgabe mit dem Namen Daewoo Lublin als Nachfolger. Der Dieselmotor 4C90 wurde weiterentwickelt und wird bis heute als 4CT90 verwendet.
Es gab weitere Kooperationen mit Fahrzeugherstellern (u.a. Peugeot). 2006 wurde wieder ein selbst entwickelter Lieferwagen vorgestellt: der Żuk Lubo. Das Unternehme ging jedoch am 15. Oktober 2007 (zwischenzeitlich umfirmiert als INTRALL Polen) in die Insolvenz. Aus dieser Insolvenzmasse wurden zwei neue Betriebe gegründet: der Zulieferer Fiat Auto Poland und der Geländewagen-Produzent Fabryka Samochodów HONKER Sp. z o.o.
Im Juni 2015 wurde bekannt, dass Volkswagen eine an den osteuropäischen Markt angepasste Version des VW-Bus T5 unter den Namen Żuk projektiert hatte: dieses Projekt ist wohl nicht weiter verfolgt worden 🙂
Żuks („Käfer“ auf Polnisch) sind zunehmend seltener. Aber es gibt sie noch!
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